Es gibt gar keine Route 66 – Fünf lustige und interessante Fakten über Amerikas legendäre Strasse.

22. Februar 2018

Lustige und interessante Fakten zur Route 66
5 interessante Fakten zwischen Chicago und LA

Blassgrüne Kakteen stechen in den blauen Himmel. Rote Felsen ergießen sich bis zu feinem Staub an den Straßenrand. Ein Oldtimer rollt vor einer Tankstelle aus den 1920er Jahren aus. Das muss die Route 66 sein!

Ich werfe den Reiseführer auf den Beifahrersitz und starre das endlose Maisfeld neben mir an, während der Mietwagen durch ein großes Schlagloch poltert und mich von Weitem ein nervtötendes Schild mit WALMART anschreit. Die Route 66 ist ein Mythos und wird oft verherrlicht. Wer bei Google nach Bildern sucht, findet meist blutrote Sonnenuntergänge und eine leuchtende weiße 66 auf einer Straße, die in die Unendlichkeit führt.

Hier kommen fünf verbreitete Annahmen – manche nennen sie auch alternative Fakten – über einen berühmten Highway, die nicht stimmen. Lasst euch überraschen!

1. Die Route 66 führt von Chicago nach LA

Streckenführung Route 66
Die Strecke der Route 66 ist schon immer ein Puzzle gewesen

Falsch. Es gibt keinen durchgehenden Highway 66 mehr zwischen Chicago und LA. Das war vielleicht die erschütterndste Erkenntnis, die sich bei den Recherchen zu meinem Roadtrip auftat. Irgendwie dachte ich, ich fahre der 66 von Chicago aus einfach hinterher, wie in Deutschland der A1. Doch schon die Geschichte der Route 66 begann in Schnipseln. Es kam nämlich keine Teermaschine angefahren, die gewissenhaft einen Highway von Chicago nach Los Angeles baute. Vielmehr erkannte man in den 1920er Jahren in den USA, dass man eine durchgehende Ost-West-Verbindung brauchte, um dem Boom des Automobils gerecht zu werden, denn Henry Ford hatte den ersten Pkw in Serie gebracht. Also nahm man einfach vorhandene Straßen rund um die Städte und verknüpfte sie miteinander wie einen Flickenteppich. Das Gesamtkunstwerk nannte man „US-Highway 66“. Aber was passierte dann?

 

Nur 30 Jahre später waren die schmalen und holperigen Landstraßen maßlos überfordert mit dem wachsenden Verkehr. Zuerst versuchte man, das Problem mit Umwegen und Abkürzungen zu umgehen. Deshalb werdet ihr unterwegs immer wieder Alternativrouten finden, die die Möglichkeit bieten, dem Verlauf von verschiedenen Jahrzehnten zu folgen. Doch dann wurde es Präsident Eisenhower zu blöd. Ihm gefiel die deutsche Idee der Autobahn und er ließ mehrspurige Interstates neben der Route 66 bauen, die dem alten Highway und seinen Bewohnern regelrecht das Wasser abgruben. 1985 wurde die Bezeichnung „US-Highway 66“ komplett aufgehoben und die Route 66 war Geschichte. Heute lebt sie nur noch nostalgisch durch Vereinigungen, die die alte Trasse aus romantischen Gründen für Abenteurer und Biker erhalten. Offiziell gibt es also keine durchgehende Ost-West-Straße unter der Nummer 66 mehr und auch die Beschilderung lässt in manchen Staaten zu wünschen übrig. Es ist also ein kleines Suchspiel!

2. Wie im Horrorfilm: Mord auf dem Highway

Ist die Route 66 Nacht gefährlich? Fünf lustige und interessante Fakten über Amerikas legendäre Straße
Das berühmte "Blue Swallow" Motel in Tucumcari an der Route 66 bei Nacht

Ich bin schon über 2000 Kilometer auf der Route 66 unterwegs und habe schon Einiges erlebt – doch die halb eingeschlagene Scheibe in meinem Motelzimmer im Erdgeschoss ist dann doch kurz etwas beunruhigend. Draußen glimmt an einem Truck eine Zigarettenspitze auf. Dann reiße ich den Vorhang zu und werfe mich auf das Bett mit dem lindgrünen Großmutter-Muster. Wozu die Aufregung?

 

Auch wenn das jetzt seltsam klingt und einfach überall auf der Welt immer etwas passieren kann, habe ich mich zu keiner Zeit unsicher oder bedroht gefühlt, während ich auf der Route 66 unterwegs war. Die meisten Motelbesitzer sind freundlich bis gleichgültig und die anderen Reisenden einfach nur interessant, hilfsbereit und wunderbar. Selbst als ich im Dunklen unterwegs war, um legendäre Neonschilder zu finden, gab es keinen Grund, anzunehmen, dass mich gleich ein Truck mit Lichthupe und Kettensäge abdrängen würde. Also lasst euch nicht von dubiosen Roadmovies ins Bockshorn jagen!



3. Die Route 66 ist legendär!

Texaco Tankstelle Alanreed: Interessante Fakten über die Route 66
Sowas soll legendär sein? Viele Amerikaner finden das nicht

„Ich bin von Chicago nach Los Angeles über die Route 66 gefahren“, erzähle ich der Tochter meiner Gastfamilie in Salt Lake City stolz. Sie schaut mich an wie eine Kuh im Gewitter. „Was bist du gefahren?“ Ich wiederhole meine Ausführung. Sie blinzelt. „Was ist die Route 66?“

 

Erstaunlich – aber kein Einzelfall! In den USA ist die 66 etwas, das höchstens noch ältere Leute kennen. Und selbst die lachen ein bisschen über uns Europäer und unsere Verrücktheit nach „dieser ollen Straße“. Sie verstehen nicht, wie man lieber eine buckelige Landstraße, die manchmal sogar zum Feldweg verkommt, fahren möchte, als die geschmeidigen Interstates. So gesehen ist die Route 66 für Europäer eine Legende. Für Amerikaner eher nicht so.

 

4. Der Startpunkt der Route 66 in Chicago ist ein Blickfang

Route 66 Schild, Start in Chicago, Straße, Koordinaten
Der Startpunkt der Route 66 in Chicago ist winzig und unauffällig

Ich tippe auf meine Offlinekarte. Blicke auf. Suche ein Straßenschild. Hier muss es doch sein. Fast rennt mich ein amerikanisches Pärchen, bepackt mit Taschen, über den Haufen, während ich rätselnd in die Gegend starre. South Michigan Avenue. Der Verkehr donnert. Hier kann doch unmöglich der Anfang der großen Route 66 liegen. Wo ist der goldene Triumphbogen für alle, die knapp 4000 Kilometer in den Westen aufbrechen? Schließlich entdecke ich ein kleines, braunes Schild in luftiger Höhe an einem Laternenpfahl. „Route 66. BEGIN“ steht da. Sonst nichts. Aber was will man auch erwarten, wenn die offizielle Legendarität dieser Straße hier gar nicht anerkannt wird! Das Schild zum nächsten Dunkin Donuts ist auffälliger. Hier meine Koordinaten, damit ihr den Startpunkt besser findet als ich. Das Schild befindet sich an der Ecke der Straßen „South Michigan Avenue“ und „East Adams Street“ bei 41,879603 Nord und 87.624618 West.

 

5. Die Route 66 ist eine szenische Traumstrasse

Traumstraße Route 66: Fünf Fakten über die Fahrt
Nicht immer ein "Scenic Byway": Die Route 66 in Illinois

Damit komme ich noch mal auf die Maisfelder zurück. Es ist nicht zu bestreiten, dass die Route 66 besonders in New Mexico und Arizona in großen Stücken eine Traumstraße ist. Zwischen roten Felsen, Steppe und unendlicher Weite. Einige Teile von ihr sind hier sogar als „National Scenic Byway“ gekennzeichnet. Doch große Strecken – vor allem in Illinois, Missouri und Oklahoma – führen durch platte Ebenen, die der Aufregung der Landschaft Brandenburgs recht nahekommen. Selbst in Kalifornien kann einem so manches Wüstenstück durch trockene Ödnis regelrecht die Stimmung verhageln. Also seid nicht enttäuscht, wenn es nicht immer die Canyons und Kakteen sind, die euch begleiten. Besonders in Illinois und Missouri haben die Vereinigungen zum Erhalt der 66 tolle Schätze wie alte Diner und Tankstellen liebevoll restauriert und versetzen euch zurück in die 1920er und 1930er Jahre. Da ist auch das mit dem Mais wieder irgendwie in Ordnung.

 

Ihr habt noch Fragen zur Planung eures Trips auf der Route 66? Dann schreibt mir per E-Mail oder über mein Kontaktformular und ich versuche gern, euch zu helfen, Mut zu machen und Tipps zu geben für eine unvergessliche Fahrt, auf einer Straße, die mal sowas von legendär ist!

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