Heimkehr mit Donner, Feuerwerk & Emotionen.

24. Juli 2017

Bloggerin vor der Skyline von Chicago
Ein letzter Tanz in Chicago

Der Regen schlägt von der Straße wieder hoch, die Luft ist weiß. Ich rate mal ein bisschen, wo wohl die Tankstelle sein mag, die mein Navigationsgerät mir anzeigt. Denn man sieht einfach nichts. Als ich aussteige und feststelle, dass das Kreditkartengerät nicht funktioniert und ich nur noch fünf Dollar in bar dabei habe, kracht der Donner direkt über mir so laut, dass der Asphalt zittert. Ich bin zurück in Chicago. In der Stadt, die ich liebe. Und weil hier meine Reise endet, schießt sie noch mal so ein richtiges Feuerwerk ab. Goodbye, USA!

 

Irgendwann finde ich tatsächlich eine Tankstelle, an der ich meinen Wagen noch ein letztes Mal volltanken kann. Irgendwann hört auch der Wolkenbruch auf. Ich setze den Blinker, streiche mit meinen Fingern über das Lenkrad und seufze. „Unsere letzten 15 Minuten sind gekommen“, sage ich leise ins Nichts. „Ich bringe dich jetzt heim.“ Es ist nur ein Auto. Gemeinsam fahren wir in das Verkehrschaos von Downtown. Die Häuser werden größer. In den Glasfassaden spiegeln sich die zerrissenen Überreste der Gewitterwolken.

Ich und Mein Auto - Der Abschied

GMC Mietwagen in den USA im Grand Teton National Park
Mein treuer Begleiter (hier im Grand Teton National Park)

Dann erreiche ich nach einigen Umwegen die Mietwagenstation – es geht doch nichts über eine Stadtrundfahrt durch winzige Einbahnstraßen, die zwischen himmelhohen Häusern eingequetscht sind, während einem der Krankenwagen im Nacken sitzt und zwanzig andere Verkehrsteilnehmer wie verrückt hupen.

 

Wir fahren in die Tiefgarage. Ein Mitarbeiter kommt. Ich parke und bleibe einfach sitzen. Auf einmal ist so wenig Sauerstoff da und eine Million Erinnerungen strömen von meinem Gehirn durch meinen Hals in meinen Magen. Ich kann kaum noch sprechen. „It’s a little emotional for me now“, presse ich heraus, als der Typ komisch guckt.
Ich blicke auf den Tacho. 11.830 Kilometer. Sind wir zusammen gefahren. Durch brennende Wüste, durch Sturm und prasselnden Regen. Wir hatten einen kleinen Zwischenfall mit einem Nagel und einen Ölwechsel. Ich habe mich gekümmert. Er hat all meine Sachen transportiert. Immer. Zuverlässig. Diesen verrückten Trip mitgemacht vom Osten zur Westküste und wieder zurück. Diesen Trip, der sogar die meisten Amerikaner mit offenem Mund zurückgelassen hat. Mein Buddy. Als ich im Aufzug stehe und das Gebäude verlasse, suche ich in meinen Taschen nach dem Autoschlüssel. Dann weine ich ein bisschen.

Die Skyline von Chicago und warm Chicago besser ist als New York

Von der Route 66 bis zur Route 66

Vergleich zwischen dem Start an der Route 66 in Chicago und der Ankunft 11 Wochen später
"Neue Haare" dank Sonne ohne Ende

Noch zwei Tage verbringe ich in Chicago. Ich brauche keine Stadtkarte mehr. Ich war doch gerade erst hier. Als ich wieder vor dem Schild stehe, das den Beginn der Route 66 anzeigt, schrumpft auf einmal alles in sich zusammen. Die Zeit. Die Strecke. Die Reise. Ich selbst. Habe ich das wirklich gemacht? War ich wirklich weg? Um mich herum wuseln Touristen. Niemand weiß, wo ich überall gewesen bin. Ich lächele. Niemand weiß es, aber es ist tief in meinem Herzen und leuchtet heller als die Sommersonne.

Einen Tag später stehe ich am Flughafen. Als die Maschine abhebt, sehe ich hinunter auf die Skyline von Chicago. Ich habe Tränen in den Augen. „Auf Wiedersehen“, sage ich leise. Etwa zwölf Stunden später lande ich, mit Zwischenstopp in London, in Düsseldorf. Als das Flugzeug über den Rhein gleitet und mit den Tragflächen fast schon die ersten Häuser berührt habe ich wieder Tränen in den Augen. Ich bin zu Hause. Ich habe noch nie in meinem Leben so oft gelacht, geweint, getanzt geflucht und gestaunt wie in den vergangenen vier Monaten. Ich habe noch nie in meinem Leben so sehr gelebt. No line on the horizon – forever!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0
Facebook Lonelyroadlover
Pinterest Lonelyroadlover